Champions League I 02.10.2019 I Slavia Prag – Borussia Dortmund

Slavia Prag – Borussia Dortmund 0:2

„[…] Und wenn wir dann den Sieg erringen, und wir Tabellenführer sind, wünsch‘ ich mir Spiele ohne
Leiden, und dass Dortmund heut‘ gewinnt.“
Es sind diese besonderen Wochen. Diese Wochen, in denen man sich nicht auf das Wochenende
freuen muss, sondern schon den Mittwoch herbeisehnt. Es sind diese besonderen Spiele. Auswärts,
aber nicht nach Wolfsburg oder Leverkusen. Nein. International – und ausnahmsweise nicht Madrid!
Wenn ich ehrlich bin, sind es genau diese Spiele, auf die ich mich den ganzen Sommer über freue.
Selbstverständlich ist es großartig, nach der Sommerpause wieder ins Westfalenstadion zu fahren
und Teil der Südtribüne zu sein. Aber die intensive Freude kommt dann auf, wenn klar ist, welche CL-
Kugeln für die Borussia gezogen wurden. Sofort nach der Terminierung beginnt die Action: es werden
Flüge gesucht und gebucht und man diskutiert eindringlich ob ein Hotel gebucht werden muss, oder
nicht vielleicht doch die Übernachtung im Flughafen-Terminal ausreichend ist. Und ja, bei den großen
Stadien ist es tatsächlich egal, dass man noch lange nicht weiß, ob man eine Karte für das Spiel
bekommt oder nicht. Mut zur Lücke! Denn mittlerweile weiß man, dass Preise für Flüge und Hotels
nach Zuteilung der Karten sofort in die Höhe schießen. Die Fluggesellschaften wollen schließlich auch
was vom Kuchen abhaben.
Nach der Auslosung war also schnell beschlossen, für die Touren zu Inter Mailand und dem FC
Barcelona alles klar zu machen.
Doch dann war da noch Slavia Prag. Der Gegner im Osten. Der Gegner mit dem kleinsten Stadion der,
in der Choreographie der Slavia-Supporter als „Group of Death“ benannten, Gruppe. Gerade einmal
21.000 Plätze fasst das Stadion, das von den Fans noch immer mit dem alten Namen „Eden“ betitelt
wird, ähnlich unserem „Westfalenstadion“. Somit war von Anfang an klar, dass es überaus wenig
Karten für die Gästefans geben würde. Am Ende reisten gut 1.000 Anhänger mit nach Prag, darunter
auch zwei schnelle Kandidaten aus dem Bürener Fanclub.
Die Anreise erfolgte nach viel Überlegung am Ende mit dem Bus. Wir buchten uns bei Britannia
Dortmund ein, die am späten Dienstagabend vom Dortmunder ZOB mit einem bunt gemischten Bus
Richtung Prag aufbrachen. Die Fahrt verlief überaus gesittet, da der Großteil der Mitfahrer die
Reisezeit zum Schlafen nutzte. Passend zum Berufsverkehr am Morgen, erreichten wir Prag und
bezogen den ausgewiesenen Busparkplatz, der sportliche 4,5km vom Stadtzentrum und in die nahezu
gegensätzliche Richtung 2km vom Stadion entfernt lag. Danke für Nichts!
Da gut 12 Stunden bis zum Anpfiff verblieben, begaben wir uns also Richtung Zentrum um die Zeit
mit Sightseeing zu vertreiben. Für 14.30Uhr war ein Treffen der Fans auf einem Platz mitten in der
Stadt angesetzt, sodass vorher noch ein das Erklimmen eines Aussichts-Kirchturms, ein Gang über die
berühmte Karlsbrücke und ein Mittagessen auf einer Dachterrasse drin waren. Je näher wir der Zeit
des Treffens kamen, desto mehr gelb-schwarze Menschen sah man durch die Gassen streifen.
Tatsächlich war es überraschend zu sehen, wie viele Leute sich mutig in Trikots zeigten, weiß man
doch, dass es im Ostblock in Bezug auf Rivalitäten etwas unentspannter zugehen kann.
Lange bevor die Szene den Platz betrat, stand die Polizei der Tschechischen Republik schon parat und
ließ den passend einsetzenden Regen über sich ergehen. Um 16.00Uhr ertönte dann endlich der
erlösende Pfiff und nach überaus filmreifen „Achtung, Achtung! Hier spricht die Polizei!“-Ansagen,
bewegte sich der Mob Richtung Metro. Ein Fanmarsch war vorab verboten worden und mit fast 5km
auch ein ziemliches Unterfangen gewesen, aber der kurze, gesanglich untermalte Gang zur U-Bahn-
Station zog schon mal ausreichend Interesse auf sich. Mit einer Sonderbahn wurde man Richtung
Stadion gefahren. Und weil wir alle so lange im Bus gesessen hatten, wurden die restlichen 2km dann
wieder gelaufen. Dabei keinen Fanmarsch zu machen, wurde denkbar schwierig. Gefühlt jeder von

uns hatte zwei Polizisten an der Hand – ob die nun uns oder die anderen schützen sollten, bleibt ein
Geheimnis. Großartiger Service!
Am Stadion angekommen, blieben die angekündigten Intensivkontrollen aus, wie man später im TV
vermutlich gesehen hat. Die gesamte Einlasssituation war alles in allem freundlicher als in nahezu
jedem Bundesligastation, sodass am Ende geschätzt eine handvoll Leute mehr im Block standen, als
Karten ausgegeben wurden. Kann man so machen, wenn es scheinbar keinen kümmert.
Im Block selbst lebte dann dieses Gefühl wieder auf. Kleines Gästekontingent bedeutet eben auch,
gut 80% motivierte aktive Fans dabei zu haben. Und international bedeutet, von Leuten angeheizt zu
werden, die ewig viele Spieltage auf diese Stunden warten müssen und deren Augen leuchten, wenn
sie endlich das Megafon in die Hand nehmen dürfen. Dieser Funke springt einfach sofort über! Es war
laut im Block und wild und man feuerte die Jungs auf dem Rasen voller Inbrunst an. Lieder, die sich
vom Einheitsbrei der Bundesliga unterscheiden, wurden angestimmt und jeder hatte Lust auf dieses
Spiel.
Natürlich konnte man nicht richtig einschätzen, wie der Gegner sich uns präsentieren würde, hatte
Slavia doch schon Inter einen Punkt auswärts abgeworben. Die mehrteilige Choreo der
Heimmannschaft machte auf jeden Fall klar, dass sie sich nicht als Ende der Nahrungskette dieser
Gruppe sehen.
Das Spiel wurde gespielt und wie das so lief, habt ihr vermutlich im TV gesehen oder in der Zeitung
gelesen, sodass ich auf Einzelheiten hier verzichte. Dass unser Sieg am Ende durch zwei Tore eines
Außenverteidigers gesichert wurde, spricht Bände, zeigt aber andererseits, dass wir unfassbar viel
Potenzial im Kader haben und (noch) nicht dramatisieren müssen.
Nach kurzer Blocksperre ging es zurück Richtung Bus. Es war angekündigt worden, dass alles Busse
vor dem Stadion warten würden. War aber nicht so. Zumindest unser Busfahrer hatte beschlossen
auf dem Parkplatz zu bleiben, den wir morgens angefahren hatte. Scrollt man nach oben findet man
die Entfernungen noch mal zur Auffrischung. Zum Glück fanden wir ein paar Mitfahrer und nach
einigem Chaos, wo wir denn nun hinlaufen müssten, zogen wir gemeinsam durch die dunklen Gassen
von Prag. Genau das, was wir vermeiden wollten…
Glücklicherweise fanden wir nach einiger Diskussion um Sinnhaftigkeit des Durchwanderns von
Privatgelände dann am Ende den Bus. Ein Kamerad hatte sich allerdings so sehr verlaufen, dass wir
ihn mit dem Bus einsammeln mussten. Hätten wir gewusst, dass es den Service gibt, wären wir wohl
alle am Stadion stehen geblieben…aber was tut man nicht alles. Wie die Hinfahrt, verlief auch die
Rückfahrt sehr ruhig und wir erreichten bereits um kurz nach 6Uhr morgens den Abfahrtsort in
Dortmund.
An dieser Stelle vielen Dank an Britannia Dortmund für die Möglichkeit, bei euch mitzufahren! Super
Angebot!

 

Autorin: Johanna

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