BVB Fanclub Büren `78 – WORLDWIDE

Über weite Strecken der Hinrunde konnte ich das schwarzgelbe Treiben leider nur aus ungewohnter Ferne verfolgen. Anstelle des gewohnten Platzes zwischen Schals, Fahnen und Doppelhaltern im Gästeblock oder auf der Südtribüne, hieß es für mich Laptop an und Videoanruf an die Familie, um in knapp 9.000 Kilometer Entfernung zumindest vor dem TV live dabei zu sein.

Die Sehnsucht nach Stadionluft bleibt natürlich trotzdem. Aber Fußball wird ja zum Glück auf dem ganzen Erdball gespielt und so konnte ich es mir natürlich nicht entgehen lassen die Stadien vor Ort zu besuchen und meine ersten Länderpunkte außerhalb Europas zu ergattern. Meine Eindrücke bei den Stadienbesuchen in China und Kambodscha hab ich hier zusammengefasst.

CHINA: Shenzhen FC – Dalian Transcendence (Shenzhen Stadium; Zuschauer. 7519, 21.10.2018)

Der chinesische Fußball hat in den letzten Jahren vor allem durch die unmoralischen Summen, mit denen Spieler aus Europa ins Reich der Mitte gelockt werden, auf sich aufmerksam gemacht. Fußballromantik und volle Ränge mit fanatischen Fans hat man hier dementsprechend und wohl auch sportkulturell bedingt eher weniger zu erwarten, jedoch ist es immer reizvoll und interessant, zu sehen und zu erleben, wie in anderen Ländern und Kulturen, Fußball gelebt wird.

Da ich hauptsächlich in der Provinz Guangdong im Süden Chinas gearbeitet hab, hätte es sich natürlich angeboten den Erstligisten Guangzhou Evergrande mit Trainer Fabio Cannavaro zu besuchen, optimalerweise im Spiel gegen Shanghai Shenhua, dem aktuellen Verein von Michael Henke, um ein paar bekannte Gesichter zu sehen. Daraus wurde leider aufgrund von Arbeit und Spielplan nichts, sodass die zweite chinesische Liga mit der Partie Shenzhen FC gegen Dalian Transcendence FC herhalten musste.

Und so ging es für mich Sonntag morgens auf die Reise ins knapp 60 Kilometer entfernte Shenzhen Stadium. Souverän die richtige U-Bahn genommen, musste ich beim Ticketbuchen am Bahnhof feststellen, dass ich – schlau wie ich bin – meinen Reisepass im Hotel vergessen hatte. Zugfahren ist in China extrem organisiert und ähnelt dem Prozedere, das man sonst nur von Flughäfen kennt. Dementsprechend braucht man eigentlich auch einen Reisepass. Zum Zurückfahren zu spät, also kurzerhand in der Hoffnung damit durchzukommen den Perso gezückt, entschlossen aufgetreten und die Fahrt konnte problemlos weitergehen – vorerst.

Das Stadion konnte ich dann vom Bahnhof aus ohne weitere Probleme per Taxi erreichen. 1,5 Stunden vor dem Spiel war allerdings keine Menschenseele am Stadion anzutreffen. Lediglich der wenige Minuten später eintreffende Mannschaftsbus der Gäste, deutete darauf hin, dass hier heute wohl irgendwann noch Fußball gespielt werden sollte. Da aber tatsächlich nahezu niemand sonst am Stadion war und weder ein Ticketstand ausfindig gemacht werden konnte, noch irgendein Chinese Englisch oder meine Aussprache der chinesischen Übersetzung des Wortes „Ticket“ verstand, fürchtete ich, dass das Spiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden würde. Als dann auch mein Versuch, mich mit der A-Jugend des Heimvereins ins Stadion zu schmuggeln, dank fehlenden Trainingsanzugs und fehlenden asiatischen Aussehens, überraschenderweise scheiterte, war ich schon kurz davor wieder abzufahren. 30 Minuten vor Anpfiff entschieden sich die Chinesen dann doch einen Pavillon aufzustellen und Tickets zu verkaufen. Schlanke 30 RMB (ca. 3,70€) wechselten den Besitzer und es konnte losgehen.

Das Stadion bot leider nichts Besonderes. Ein recht modernes Fußball- und Leichtathletikstadion aus den 90ern, das circa 30.000 Sitzplätze fasst, es aber so oder so ähnlich mit Sicherheit noch hunderte weitere Male auf der Welt gibt. Dafür war das Spiel dank vier Toren, einer roten Karte und einer hitzigen Schlussphase samt Polizeieinsatz in der Coaching-Zone recht unterhaltsam. Und auch auf den Rängen konnte man über die eine oder andere Sache schmunzeln. 3 querbeet im Stadion verteilte Stimmungsblöcke von circa 30-50 Leuten versuchten – mal mehr oder mal weniger erfolgreich – auf sich aufmerksam zu machen. In Halbzeit 2 gesellte sich zudem einer aus diesen drei Blöcken auf die Haupttribüne, um die ansonsten recht teilnahmslos zusehende Masse zum Support zu bewegen. Da er aber vergessen hatte, wenigstens ein paar seiner sangesfreudigen Freunde mitzubringen, konnte er seine Begeisterung nicht auf das restliche Publikum übertragen, was ihn aber nicht daran hinderte seine Gesänge allein per Megafon für die restliche Spielzeit vorzutragen.

Alles in allem, jedenfalls alles ganz witzig anzuschauen, wobei man das ganze Treiben hier sicherlich auch nicht zu ernst nehmen sollte.
Wie dem auch sei, nach den abgelaufenen 90 Minuten, wollte ich mir fix ein Taxi zurück zum Bahnhof organisieren, um mein Zugticket zurück zum Hotel zu buchen und müde ins Bett zu fallen. Soweit die Theorie… Wer den Teil zur Hinfahrt aufmerksam gelesen hat, ahnt schon was kommt. Die Frau am Schalter wollte mir mit meinem Perso kein Ticket ausstellen. Das Vorzeigen des Tickets vom Vormittag, das Zeigen der Zimmerkarte meines Hotels, welches schließlich 80 Kilometer liegt, half nichts. Nach einem weiteren vergeblichen Versuch 5 Meter weiter, musste ich schließlich einsehen, dass ich per Zug heute wohl nicht zum Hotel komme. Und so stand ich sonntagabends irgendwo in China ohne eine Idee, wie ich zurückkommen kann. Also nun… was machen? Glücklicherweise hat mir vorab eine Arbeitskollegin im Notfall ihre Hilfe angeboten. Nachdem sie es vergebens per Telefon nochmal am Schalter auf Chinesisch probiert hat, hat sie mir irgendwoher einen Fahrer organisiert. Zum Glück kam dieser nach knapp 2 Stunden dann auch endlich am vereinbarten Treffpunkt an und brachte mich sicher die 80 Kilometer zum Hotel, wo ich fix und fertig ins Bett fiel. Zuvor stand aber noch die Bezahlung des Fahrers an. Meine Befürchtung für die Tour dem Fahrer, mein halbes Hab und Gut überlassen zu müssen, bestätigte sich glücklicherweise nicht: Umgerechnet 27€ für 1,5 Stunden Fahrt und 80 Kilometer. Hätte ich das eher gewusst, hätte ich mir das Drama am Bahnhof auch sparen können…
Warum ich auf dem Hinweg ohne Reisepass fahren dürfte, konnte mir bis heute noch keiner plausibel erklären…

KAMBODSCHA: Kambodscha – Laos (Südostasienmeisterschaft Gruppenphase; National Olympic Stadium, Phnom Penh; Zuschauer: 25085, 20.11.2018)

Um den Länderpunkt Kambodscha einzupacken, hatte ich während meines dreiwöchigen Aufenthalts nur eine Möglichkeit. Die erste Liga spielt seit Oktober nicht mehr und so blieb nur noch die Nationalmannschaft. Fußballerisch hab ich mir vorab vom Duell des Weltranglisten-172. gegen den 184. (Zur Einordnung: Fußballgroßmächte wie Neukaledonien, Barbados und der Inselstaat St. Vincent & die Grenadinen liegen vor den beiden) natürlich nicht viel versprochen. Jedoch konnte hier zumindest das heruntergekommene und dadurch sehr urige Stadion punkten.

Die An- Abreise klassisch-kambodschanisch mit dem Tuktuk war aufgrund des wilden Verkehrs wie immer spannend, konnte aber diesmal ohne größere Zwischenfälle bewältigt werden. Zum Tuktuk fahren braucht man ja auch keinen Reisepass…

Eine Stunde vor Spielbeginn am Stadion angekommen war schon einiges los. Zahlreiche Sport- und Tanzgruppen sowie spielende Kinder zeigten, dass auch hier der Fußball die Sorgen des Alltags für eine kurze Zeit vergessen lässt. Umso schöner zu sehen, da die Sorgen des Alltags bei einem Durchschnittseinkommen von nicht einmal 100 Dollar im Monat mit Sicherheit nicht mit denen, die wir samstags auf der Süd hinter uns lassen, vergleichbar sind. Etwas, dass einem zurückblickend sicherlich mit ein wenig mehr Demut auf seine eigenen „Probleme“ blicken lässt.

Auf dem Stadionvorplatz konnte man zudem einige umherwuselnde Ticketverkäufer ausfindig machen. Als ich bei einem dann auch direkt für $1,50 zugeschnappt, löste ich ungewollt eine ernsthafte Auseinandersetzung aus, da der Kauf offenbar im Territorium eines anderen Verkäufers standfand. Mit wie vielen blauen Augen das Ganze endete, weiß ich nicht, ich zog es jedenfalls vor mich fix vom Acker zu machen und mich aus dem kambodschanischen Ticketbusiness rauszuhalten.

War definitiv die beste Entscheidung, denn das Stadion ist absolut sehenswert. Schiefe Treppen, hohe Zäune, ein Graben zwischen Laufbahn und Tribüne, in dem sogar Fische schwimmen und gefühlte 150 Meter zwischen Tribüne und Rasen hatten auf jeden Fall ihren Reiz, sodass es definitiv Spaß machte, im Stadion umherzuschlendern und ins Gespräch mit einigen Einheimischen zu kommen.

Fußballgespielt wurde auch, allerdings wie zu erwarten, auf mäßigem Niveau. Kambodscha konnte dem 1,70 m (!) großen laotischen Torhüter 3 Tore reindrücken und schlussendlich souverän siegen.

Als Fazit kann ich festhalten, dass es sich in jedem Fall lohnt, auf Reisen auch in weniger für Fußball bekannte Nationen, Spiele zu besuchen. Nicht nur, um zu sehen wie der Sport in anderen Kulturen gelebt werden, sondern auch, weil es eine einfache Möglichkeit ist mit Einheimischen in Kontakt zu kommen und die Lebensweise so besser zu verstehen.

Nichtsdestotrotz freue ich mich jetzt schon zur Rückrunde wieder mit Freunden durch die Republik zu tingeln, zwischen wehenden Fahnen im Block zu stehen und die jetzt schon geile Saison zu krönen.

„Auf dem Weg zum Ziel…“

Autor: Janik

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